Hallo Max Mustermann,
ich bin Mitglied in einer größeren Zahl kenianischer WhatsApp-Gruppen. Sie sind ein wichtiges Element gesellschaftlicher Organisation – für Sportvereine, Frauengruppen, Büroteams, Nachbarschaftshilfe, oder zur Finanzierung von Hochzeiten, Beerdigungen oder Krankenhausaufenthalten.
In den vergangenen Wochen jedoch löste jede neue Nachricht in diesen Gruppen schlimme Befürchtungen aus. Denn in allen Gruppen wurden fast nur noch Horrormeldungen über die Protestwelle geteilt, die im zweiten Jahr in Folge über das Land hinweggerollt ist. In der Hochphase der Demonstrationen vor sechs Wochen erreichten mich beinahe täglich Videos, auf denen blutüberströmte Menschen weggeschleift oder von der Polizei mit Gewehren durch die Straßen gejagt wurden. Manche lagen bereits mit Verletzungen im Krankenhaus. Direkt danach kam meist der Hinweis, das Bildmaterial zum Selbstschutz sofort zu löschen, falls man von der Polizei gefasst würde.
Mittlerweile ist, wie schon vergangenes Jahr um diese Zeit, wieder Ruhe im Land eingekehrt. Die könnte trügerischer kaum sein. Zahlreiche junge Menschen wurden festgenommen, inklusive sehr prominenter Aktivist*innen. Kenia ist angesichts der ausufernden Gewalt des Staates wie gelähmt. Shakira Wafula, ein Gesicht der Protestbewegung, schildert exklusiv für E+Z ihre Sicht der Dinge und drückt aus, was viele denken: Die Situation im Land hat sich seit letztem Jahr nicht verbessert, im Gegenteil.
Autoritäre Tendenzen in der kenianischen Regierung und anderswo in Afrika kommen jetzt deutlich zu Tage. Sie haben Vorbilder in den mächtigsten Ländern der Welt – und müssen sich bei all den globalen Krisenherden ohnehin keine Sorgen machen, dass die internationale Gemeinschaft allzu genau hinsieht.
Es bleibt die Hoffnung, dass die junge, aktive Zivilgesellschaft sich trotz hoher persönlicher Risiken weiter nicht entmutigen lässt – und dass sie Wege finden wird, politische Veränderungen zu bewirken.
Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre und freuen uns über Ihre Meinung, Anregung oder Kritik: euz.editor@dandc.eu |
|
|
|
Herzliche Grüße,
Katharina Otieno Redakteurin bei E+Z |
|
|
© picture alliance / Anadolu / Gerald Anderson
|
|
„Mich plagen Zweifel, wie wir als Land überleben sollen“
|
Shakira Wafula wurde im vergangenen Jahr zu einer Ikone der „Gen Z“-Protestbewegung in Kenia. Nachdem sie sich mutig mit der kenianischen Flagge in der Hand einem schwer bewaffneten Polizisten entgegenstellte und das Video viral ging, tauchten in Nairobi Wandbilder mit ihrem Gesicht auf. Ein Jahr nach Beginn der Proteste haben weder ihre Prominenz noch die Wut der kenianischen Jugend nachgelassen – doch der Staat geht härter denn je gegen Dissens vor. Sie schreibt hier ihre Gedanken exklusiv für E+Z nieder. |
|
|
© picture-alliance/ZUMAPRESS.com/Kanyiri Wahito
|
|
In Kenia eskaliert die Schuldenkrise
|
|
|
© dpa/ASSOCIATED PRESS / Brian Inganga |
|
Zu viel Gewalt, zu viel Trauer
|
Die Reaktion des kenianischen Staates auf die Proteste ist ein Beispiel dafür, dass der Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft in ganz Ostafrika schrumpft. Die ugandische Politikwissenschaftlerin Grace Atuhaire argumentiert, dass es weniger konfrontative und kreativere Wege braucht, um die meist jungen Aktivist*innen zu schützen. |
|
|
Unsere aktuelle Ausgabe:
Psychische Gesundheit in Krisenzeiten |
|
|
haben Beschäftigte im öffentlichen Dienst in Äthiopien, Ghana, Kenia, Liberia, Malawi und Nigeria in den letzten fünf Jahren aufgrund von Sparmaßnahmen erlitten. Dieser Trend geht aus der Umfrage „The Human Cost of Public Sector Cuts“ der internationalen NGO ActionAid hervor.
Während viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst Schwierigkeiten haben, ihre Grundbedürfnisse zu decken, führten drastische Kürzungen der öffentlichen Ausgaben gleichzeitig zu überfüllten Klassenzimmern, eingeschränkten Gesundheitsleistungen und anderen Beeinträchtigungen öffentlicher Dienstleistungen. ActionAid sieht insbesondere den Internationalen Währungsfonds (IWF) in der Verantwortung, der auf eine Austeritätspolitik besteht, die die Rückzahlung von Schulden gegenüber öffentlichen Investitionen priorisiert.
|
|
|
Subsahara-Afrika verzeichnet mit fast 65 Prozent der Fälle einen Großteil der weltweiten HIV-Infektionen zu verzeichnen. Die Region war dabei lange Zeit auf Importe von antiretroviralen Medikamenten und Testkits angewiesen. Mit der Einstellung der USAID-Ressourcen fällt jetzt eine zum Teil lebenswichtige Stütze für die Versorgung von HIV-Patient*innen in Subsahara-Afrika weg.
Gleichzeitig macht die Region nun einen wichtigen Schritt in Richtung einer unabhängigen Gesundheitsversorgung, nachdem Länder begonnen haben, lokal hergestellte HIV-Medikamente und -Tests in ihren nationalen Gesundheitsprogrammen einzusetzen. 2023 erhielt ein kenianischer Arzneimittelhersteller als erster in Afrika die WHO-Zulassung für die Herstellung eines weit verbreiteten HIV-Medikaments namens TLD. Der Global Fund – eine globale Partnerschaft zur Bekämpfung von HIV, Tuberkulose und Malaria – kauft dieses lokal hergestellte HIV-Medikament nun für Mosambik ein. Damit wird zum ersten Mal ein in Afrika hergestelltes TLD über diese Beschaffungskanäle geliefert.
|
Was uns außerdem interessiert hat |
|
|
Drei klimabezogene Berichte im Guardian haben uns in den letzten Monaten besonders schockiert (was leider derzeit nicht selten vorkommt).
Eine Studie zeigt, dass die Hälfte der weltweiten CO2-Emissionen von 36 Unternehmen aus dem Bereich fossiler Brennstoffe stammt. Darunter: Saudi Aramco, Coal India, ExxonMobil, Shell und zahlreiche chinesische Unternehmen.
Dennoch scheinen diese Unternehmen immer weniger fürchten zu müssen: Finanzspekulant*innen investieren in eine steigende Zahl von Klagen gegen Regierungen wegen Umweltgesetzen und anderen Vorschriften, die Gewinne beeinträchtigen und oft zu hohen Zahlungen führen. Die Analyse des Guardian ergab, dass Unternehmen aus dem Bereich fossile Brennstoffe und Bergbau so 92 Milliarden Dollar an öffentlichen Geldern von Staaten erhalten haben.
Was dies unter anderem zur Folge haben kann, sieht man unter Wasser: Die Korallenriffe der Welt sind von der schlimmsten globalen Korallenbleiche seit Beginn der Aufzeichnungen betroffen. Fachleute warnen, dass mehr als 80 % der Riffe der Erde betroffen sind. Seit Beginn der globalen Massenbleiche im Januar 2023 waren Riffe in mindestens 82 Ländern und Gebieten so starker Hitze ausgesetzt, dass die Korallen weiß wurden.
Übrigens: The Guardian und E+Z sind beide Teil des „89 Percent Project“, einer Initiative der globalen Medienkooperation „Covering Climate Now“. Ziel ist, eine zentrale Botschaft zu vermitteln: Klimaschutz ist global mehrheitsfähig.
|
|
Ameisen, Blätter und Rituale werden in Westkenia auch heute noch zur Wettervorhersage genutzt. Die „Rainmaker“ verschiedener ethnischer Gruppen wenden indigene Methoden an, deren Ergebnisse über den Wetterbericht im Radio weitergegeben werden und Landwirt*innen als wichtige Entscheidungsgrundlage dienen. Moderne Meteorolog*innen und Rainmaker arbeiten heute in der Region zusammen. Die DW hat sie besucht. Übrigens: Unser nächstes Magazin dreht sich um indigenes Leben und Wissen – und darum, wie wichtig es für unsere „moderne Welt“ nach wie vor ist. |
|
Wie wirkt sich ein Freiwilligendienst im Ausland auf das weitere Leben aus? Vor einigen Jahren beschlossen sieben junge Menschen, ihre gewohnte Umgebung zu verlassen, um einen Freiwilligendienst im Ausland im Rahmen des Programms „Weltwärts“ zu absolvieren. Für drei Freiwillige aus Tansania und Kamerun war es die erste Reise außerhalb des afrikanischen Kontinents. Sie verbrachten ein Jahr damit, eine soziale Organisation in Deutschland zu unterstützen. Vier deutsche Freiwillige entschieden sich für Projekteinsätze in Gambia, Ghana und Peru. Jahre später werden sie mit Bildern und Aussagen aus dieser Zeit konfrontiert. Wie sehen sie ihren Freiwilligendienst heute? Und vor allem: Wie hat sich ihr Einsatz auf ihr weiteres Leben ausgewirkt? „Was bleibt“ ist ein perspektivreicher Film über einen Austausch zwischen Globalem Norden und Globalem Süden. Entwicklungspolitische Organisationen oder Bildungseinrichtungen können den Film kostenfrei für ihre nichtkommerzielle Tätigkeiten nutzen. Interessierte können sich an post@globale-perspektiven.de wenden. Mehr Informationen unter: www.globale-perspektiven.de |
|
_1.png) |
Die Geneva PeaceTalks 2025 bringen am 21. September Personen aus den Bereichen Diplomatie, Friedensförderung, Gemeinschaftsarbeit und Kunst zusammen, um Friedensideale zu stärken. Die Konferenz gibt Individuen eine Plattform, um ihre persönliche Geschichte zu teilen und zu verdeutlichen, dass Frieden nicht nur notwendig, sondern auch möglich ist. Sie findet von 15-17 Uhr im Palais des Nations in Genf statt und wird außerdem über einen Livestream verfolgbar sein. |
|
|
|
Die Kooperation zwischen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Afrikanischen Institut für Mathematische Wissenschaften (AIMS) zielt darauf ab, die internationale Zusammenarbeit in den mathematischen Wissenschaften zu fördern. Dazu finanziert das Programm Forschungsreisen zu einem der sechs AIMS-Zentren (Kamerun, Ghana, Ruanda, Senegal oder Südafrika) für Forschende aus Deutschland sowie Gastaufenthalte in Deutschland für Nachwuchsforschende aus afrikanischen Ländern.
Antragsberechtigt sind promovierte Forschende im deutschen Wissenschaftssystem; die Antragstellung erfolgt ausschließlich von Deutschland aus, mit Forschenden aus afrikanischen Ländern als Partnern, die über ihre deutschen Partner DFG-Mittel erhalten können.
Antragsfrist: 30. September
|
|
|
|
|
|
|
Wenn Sie den Newsletter abbstellen möchten, bitte hier klicken.
Impressum
Herausgeber: ENGAGEMENT GLOBAL gGmbH Service für Entwicklungsinitiativen
Verlag: Fazit Communication GmbH, Pariser Straße 1, D-60486 Frankfurt am Main, Deutschland Telefon: +49 (0)69 7591-3110 | E-Mail: euz.editor@dandc.eu Webseite: www.fazit.de | Geschäftsführer: Jonas Grashey und Hannes Ludwig |
|
|
|